Was ist eine Markenpersönlichkeit – und wozu ist sie gut?
Marken sind überall.
Sie begleiten uns durch den Alltag und sind oft so vertraut, dass wir sie gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Der Griff zur Hautcreme aus der blauen Dose, die Erwartung von Komfort, wenn ein Taxi den Stern auf der Kühlerhaube trägt, die Vorfreude auf die neueste Sorte der zartesten Versuchung. Die Entscheidung für Nivea, für Mercedes, für Milka – oft wissen wir nicht einmal, seit wann wir diese Marken kennen, so früh findet die erste Prägung durch sie statt.
Die meisten von uns können auf Nachfrage ziemlich genau erläutern, was sie mit ihren Lieblingsmarken verbinden. Überraschenderweise spielt der Aspekt „Wissen“ dabei eine eher geringe Rolle. Es sind Assoziationen, Düfte, Bilder aus dem eigenen Erinnerungsfundus, die Marken individuell aufladen. Die Historie oder die Leistungen des Unternehmens locken uns dagegen selten hinter dem Ofen hervor. Es ist die emotionale Strahlkraft, die Menschen anzieht. Der unverwechselbare Charakter erfolgreicher Marken, mit dem Konsumenten sich identifizieren wollen. Apple-Fans kennen das unvergleichliche Gefühl, mit dem Zeitgeist auf Augenhöhe zu sein, wenn sie das neueste iPhone aus der Verpackung nehmen.
Und eins haben alle Marken, die sich im Markt behaupten, gemein: Eine authentische Persönlichkeit.
Marken sind auch nur Menschen
Eine Markenpersönlichkeit? Was soll das denn sein? Es ist eigentlich ganz einfach: Marken funktionieren hinsichtlich ihrer Identität ganz ähnlich wie menschliche Persönlichkeiten. Wir erwarten von ihnen, dass sie in ihren Eigenschaften verlässlich und konsistent sind. Wer zum Beispiel Kunde einer traditionsreichen Privatbank ist, rechnet mit höchster Seriosität, einem gediegenen Corporate Design und soliden Finanzprodukten. Läge plötzlich ein bunter Flyer im Briefkasten, der die Bankkunden flapsig duzt, wären sie zu Recht aus dem Konzept gebracht. Die Marke „Traditionsbank“ hat sich dann nämlich überhaupt nicht so verhalten, wie es ihrer angenommenen Persönlichkeit entspricht. Und mit ausgeflippten Banken will kein Mensch Geschäfte machen.
Image oder Identität?
Das Markenimage speist sich aus dem Bild, das der Kunde sich individuell von der Marke gebildet hat. Die Markenidentiät hingegen ist ein Entwurf, der vom Unternehmen stammt: So sieht sich die Marke selbst und so will sie nach außen wahrgenommen werden. Also ist es das erklärte Ziel der Markenentwicklung, Image und Identität so weit wie möglich in Einklang zu bringen. Denn nur so kann der Grundstein für stabile und langfristige Kundenbeziehungen gelegt werden – wir Konsumenten wollen uns auf unsere vertrauten Marken verlassen können. Die Markenpersönlichkeit darf sich also keine allzu großen Ausreißer leisten.
Hier greift wieder der Vergleich zur menschlichen Persönlichkeit: Bei unseren Freunden oder Kollegen tolerieren wir nämlich auch nur ein gewisses Maß an Varianz. Wenn unser ruhiger, zuverlässiger Nerd-Freund aus Jugendtagen auf einmal von Party zu Party springt und zu exaltierter Garderobe greift, dann beunruhigt uns das. Der Freund hat unsere Erwartungen an ihn unvermittelt auf den Kopf gestellt. Was in Freundschaften vielleicht zu Kopfschütteln führt, bricht einer Marke im schlimmsten Fall das Genick. Denn Konsumenten wollen ihre Annahmen über die Marke und sich selbst bestätigen, wenn sie ihr Loyalität schenken. Dafür ist es wichtig, dass diese Annahmen von Bestand sind.
Ungeliebte Eigenmarken
Welche Bedeutung eine überzeugende Markenpersönlichkeit besitzt, können wir bei jedem Supermarktbesuch feststellen. Während sich beim Anblick von nutella, Beck’s oder Ritter Sport regelrechte Welten auftun, lassen uns die Eigenmarken der Supermärkte, die sogenannte Handelsmarken, erstaunlich kalt. Die meisten Menschen greifen zum Markenprodukt, wenn der Preis keine Rolle spielt. Das liegt daran, dass Handelsmarken keine individuellen Identitäten besitzen – wir wissen einfach nicht, wofür sie stehen und was ihre Qualitäten sind.
Das bestätigen auch die Markensoziologen Arnd Zschiesche und Oliver Errichiello in ihrem Buch
Markenkraft im Mittelstand: Was jeder Manager von Dr. Klitschko und dem Papst lernen kann (Link zum Buch auf Amazon)
„Persönliche Erlebnisse mit Marken werden gerne weitergegeben und die Produkte werden weiterempfohlen. Neue Produkte, die ohne einen bekannten Namen, ohne dass ein Publikum zuvor Erfahrungen damit sammeln konnte, auf Menschen treffen, besitzen keine Energie. Sie ziehen nicht an. Sie erzählen nichts. Sie sind anonym und gesichtslos. Aus diesem Grund werden Handelsmarken – eben nicht nur aufgrund ihrer Gestaltung – oft als ,,weiße Marken“ bezeichnet: Wir können über sie nicht kommunizieren (außer über ihren Preis).“
Es gibt vermutlich nicht wenige Menschen, die nun empört Einspruch erheben und auf die hervorragende Qualität vieler Handelsmarken verweisen. Über Preis und Qualität lässt sich tatsächlich diskutieren, aber eines gilt ganz sicher: Wenn wir uns mal so richtig etwas gönnen wollen, tun wir das eher selten bei Aldi.
Die Markenpersönlichkeit schärfen
Damit eine Marke Charakter entwickeln kann, braucht sie eine solide Strategie. Ohne dieses Fundament kann keine überzeugende Identität entstehen. Als Unternehmer sollten Sie wissen, was Ihre Marke im Innersten ausmacht, woher sie kommt und wohin sie will, und nicht zuletzt: wer Ihre Kunden sind.
Es kann verführerisch sein, sich in diesen Punkten nicht allzu festzulegen. Denn die Aussicht auf eine breitere Zielgruppe ist natürlich verlockend – wäre doch schön, wenn eine Marke jedem etwas bieten könnte. Der Haken ist nur, dass das leider nicht funktioniert. Wer es jedem recht machen will, verwässert seine Identität, statt sie zu schärfen. Außerdem hat jede noch so erfolgreiche Marke neben Fans auch Gegner. Der Vorsitzende eines Volkswagen-Fanclubs würde wohl kaum in einen Opel steigen, und umgekehrt. Es gibt mitunter sogar echte Grabenkämpfe zwischen den Anhängern verschiedener Marken. Daran sehen wir, dass überzeugende Markenpersönlichkeiten eine Menge Leidenschaft hervorrufen können.
Wenn Sie nicht wissen, wo Sie bei der Markenentwicklung anfangen sollten, eignet sich im ersten Schritt ein Workshop. Hier arbeiten Sie zusammen mit Ihrer Agentur die DNA Ihrer Marke heraus. Aspekte wie Kernwerte, Selbst- und Fremdbild und die Wettbewerbssituation werden analysiert. Auf dieser Basis lassen sich nun die Grundzüge der Markenpersönlichkeit ableiten, die für das künftige Branding eine Leuchtturmfunktion haben. Je stimmiger der Charakter, umso präziser lässt sich die Marke am Ende positionieren.
Mein Fazit:
Es zahlt sich aus, die Markenidentität mit Sorgfalt zu entwickeln. Denn sie ermöglicht stabile, konsistente Kundenbeziehungen. Und die sind die Voraussetzung für langfristigen Erfolg.
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